In den Highlands reift ein neuer Whisky heran, der mit alten Traditionen bricht und im Geiste von Nachhaltigkeit und Umweltschutz das Image des schottischen Whiskys revolutionieren soll.
Die Destillerie Nc’nean wurde 2013 von Annabel Thomas und Derek Lewis und ihren „stillen Rebellen“ gegründet, wie sie ihre kleine Startbelegschaft nennt. 2017 wurde die erste Destillation gestartet. Enthusiasmus, Ideenreichtum und Achtsamkeit kennzeichnet die kleine Truppe, die zu einem guten Teil aus Frauen besteht.
„Made by Nature, not by Rules“ ist ihr Motto. Leicht, köstlich, kreativ und neugierig soll dieses Label sein und – ganz im Trend der Zeit – in Harmonie mit diesem Planeten. Dabei folgt man den Spuren der Namensgeberin, Neachneohain (ausgesprochen“Nook-knee-anne“), einer gälischen Göttin, die nach der Legende als Königin der Geister bekannt ist und als Jägerin und Beschützerin der Natur gilt.
Biologische Produktion mit „Net Zero Carbon Emission“
Auf einer gesonderten Seite ihrer Homepage erklärt Nc’nean, wie sie dieses Ziel erreichen. So wird für dieses Label zum Beispiel nur schottische Bio-Gerste verwendet und in die ersten 100% recycelten Klarglas Flaschen Großbritanniens abgefüllt. Auch die Verpackung ist aus vollständigem Recyclingmaterial.
Die Energieversorgung der Brennerei wird mit einem hochmodernen österreichischen Holzschnipsel-Brenner sichergestellt, dessen Brennstoff im Gegensatz zu Kohle, Öl und Gas aus regenerierbarem lokalem Holz hergestellt wird.
Die Wasserversorgung kommt aus einer nahen Quelle, die zusammen mit dem Regenwasser in einem Becken gestaut wird. Dabei wird darauf geachtet, dass nur so viel Wasser entnommen wird, wie die Quelle speist, so dass diese nicht austrocknet.
Der Müll wird täglich gewogen und so weit wie möglich reduziert. Das Ziel heißt „Zero Waste“ und ist fast erreicht. So wird die produzierte Asche aus dem Brenner auf die eigenen Gemüsefelder als Dünger gestreut, wo nebenbei damit Biogemüse produziert wird. Und die Überreste aus der Maische lassen sich die hauseigenen Biorinder schmecken.
So versucht man mit immer neuen Ideen in der Natur und mit der Natur zu produzieren. Und das wird vom Publikum nicht nur zunehmend gefordert, sondern auch honoriert. So wurde der Whisky von Nc’nean beim Weltklimagipfel 2021 als offizielles Gipfelgetränk ausgeschenkt.
Harter Start für die Newcomerin
Die „First Lady of Whisky“ hatte dabei keinen leichten Start. Die bestehende Lobby beäugte die Newcomering skeptisch, die mit Crowdfunding und Investorensuche ihr Projekt begann. Keiner der etablierten Lieferanten wollte ihr zunächst eine Brennblase verkaufen. Aber Annabel gab nicht auf.
Schließlich konnte ein Lieferant gefunden werden und so wurden die 4 großen neuen Kupfer – Brennblasen in Betrieb genommen. Die besondere Lampenform mit Einschnürung ermöglicht dabei eine sanfte Destillation mit einem deutlichen Rückflussanteil, der dem Destillat fruchtige Noten mitgibt.
Seitdem wird fleißig produziert und im Lager füllen sich die Eichenfässer, in denen das Destillat zumindest die vorgeschriebene Lagerzeit von 3 Jahren erfüllen muss. Mittels verschiedenen Temperaturkontrollen wird während der Reifung mit den Auswirkungen auf den Geschmack experimentiert. Aber während das Destillat reift, gibt es keine Einnahmen – eine harte Phase für ein Startup. Als Ergänzung und Überbrückung der Startphase brennt Nc’nean außerdem einen Kräuterschnaps aus feinen, lokalen Kräutern und Gewürzen, der als „Botanical Spirit“ auf dem Markt erhältlich ist.
Der erste Nc'nean Scotch im Glas
Endlich darf sich die erste Charge der Produktion nach 3 Jahren „Scotch“ nennen und so konnten inzwischen die ersten Abfüllungen auf den Markt gebracht werden.
Über den Geschmack des neuen Brands lässt sich bei anderer Gelegenheit philosophieren. Tatsache ist, dass die derzeit angebotenen Chargen gerade erst die Mindestreifezeit hinter sich haben. Eine spezielle Behandlung der Fässer soll dafür sorgen, dass auch in kürzerer Zeit schon möglichst viele Aromen an das Destillat abgegeben werden. Längere Maischezeiten und langsamere Fermentation, sowie Experimente mit verschiedenen Hefen sollen dem Whisky die besondere Leichtigkeit verleihen.
Ob dies geklappt hat? Auf jeden Fall ist dieser Scotch nicht gefärbt und nicht kühlgefiltert, so dass man hier in Farbe und Geschmacksnuancen das unverfälschte Original vor sich hat. Getorft wird nicht, da der Torf als wertvoller CO2-Speicher in der Erde bleiben soll.
Die ersten Abfüllungen
Nc’nean experimentiert mit verschiedenen Lagerfässern, von Ex-Sherry, über Ex-Rotwein und auch einige Exoten, teilweise noch in kleinen Chargen, die am Markt schnell vergriffen sind und teilweise zu stolzen Preisen gehandelt werden. Auch die ersten 6 Chargen des Nc’nean Organic Single Malts liegen Ende Dezember 2021 schon bei rund 700,- Euro.
Wenn man nicht unbedingt als Sammler einsteigt, sondern eher auf den Geschmack Wert legt, könnte man hier möglicherweise noch eine Weile auf größere Stückzahlen und längere Reifezeiten warten. Der 3jährige ist sehr mild und weich mit frischen Aromen von Zitronenkuchen, Joghurt und Heidehonig. Einen besonders langen Abgang kann man bei diesem Alter aber natürlich noch nicht erwarten.
Aber wer neugierig ist, kann den Nc’nean Organic Single Malt aus dem Batch 8 – 10 inzwischen für einen annehmbaren Preis erstehen. Er kommt mit 46% Alkohol daher und wurde zu 35% in Ex-Bourbon und 65% in Ex-Weinfässern gereift.
Der „Nc’nean Quiet Rebels Annabel“ dagegen ist in Tokajer STR Weinfässern gereift und punktet mit tropischen Fruchttönen und Aromen von Kokosnuss und Vanille. Er steckt in einer bildschönen dunkelblauen Flasche, die beweist, dass Nachhaltigkeit und Design nicht unbedingt ein Widerspruch sein müssen. Diese Edition ist auf 4504 Flaschen limitiert und der Gründerin Annabel gewidmet. Es werden weitere Editionen folgen, bei denen sich jedes Teammitglied sein Fass selbst auswählen darf, das später seinen oder ihren Namen trägt – eine schwere Entscheidung, die wohl überlegt sein will.
Zu Besuch bei der ersten Bio - Destillerie
Für den, der es trotz Reisebeschränkungen nach Schottland schafft, ist das Besucherzentrum an einigen Tagen in der Woche geöffnet und es werden ca. 2-stündige Touren mit viel Information und sympathischer Führung angeboten. Anschließend können neben dem Whisky auch die lokalen Erzeugnisse beim Mittagessen, sowie Cupcakes und Kaffee probiert werden. Die schottischen Fachmagazine haben diese Touren in die Top 10 der Destillerie-Besuche gewählt (The Guardian) und sie als „unmissable“ gelobt (The Spirits Business) – nehmen Sie sich nach Möglichkeit also die Zeit dafür!
Ein hochwertiges Produkt auf dem Weg
Insgesamt würde ich persönlich dieser Marke noch etwas Zeit geben. Sie produziert mit Sorgfalt ein absolutes Qualitätsprodukt, das man mit dem Hintergrund der Nachhaltigkeit auch gerne etwas bevorzugen kann. Und wenn man dem ungewöhnlichen Hinweis dieser Destillerie nachkommt und ihn zum Mischen von Cocktails verwendet, hat man hier mit Sicherheit eine sehr exklusive Cocktailvariante im Glas.
Dazu wird auch gleich ein spezielles Rezept mitgeliefert für den „Whisky Six“, eine gute Idee, einen jungen Whisky zu genießen.
Wenn man Annabel und ihrem Team zuhört, dann springt die Begeisterung über, für die Natur und für ein gutes Produkt, das zu dem Land und den Menschen passt.
Und darum bin ich sicher, dass wir auch von den Single Malts dieser Destillerie in Zukunft noch einiges erwarten können. Ich werde diesen Brand auf jeden Fall auf dem Schirm behalten und wünsche der reizenden Lady und ihren Mitstreiter*innen das richtige Händchen für die Auswahl der besten Lagerfässer und die Optimierung ihrer Produktionsideen. Die Welt der Zukunft wird solche Unternehmer*innen brauchen. Und ich bin gespannt, ob sich die Experimentierfreude und der Enthusiasmus auszahlt, wenn dieser Scotch einmal das hat, was ein Scotch, den man als Single Malt genießen will, vielleicht doch noch etwas mehr braucht: ein paar weitere Jahre Reifezeit.
Ein hochwertiges Produkt auf dem Weg
Insgesamt würde ich persönlich dieser Marke noch etwas Zeit geben. Sie produziert mit Sorgfalt ein absolutes Qualitätsprodukt, das man mit dem Hintergrund der Nachhaltigkeit auch gerne etwas bevorzugen kann. Und wenn man dem ungewöhnlichen Hinweis dieser Destillerie nachkommt und ihn zum Mischen von Cocktails verwendet, hat man hier mit Sicherheit eine sehr exklusive Cocktailvariante im Glas.
Dazu wird auch gleich ein spezielles Rezept mitgeliefert für den „Whisky Six“, eine gute Idee, einen jungen Whisky zu genießen.
Wenn man Annabel und ihrem Team zuhört, dann springt die Begeisterung über, für die Natur und für ein gutes Produkt, das zu dem Land und den Menschen passt.
Und darum bin ich sicher, dass wir auch von den Single Malts dieser Destillerie in Zukunft noch einiges erwarten können. Ich werde diesen Brand auf jeden Fall auf dem Schirm behalten und wünsche der reizenden Lady und ihren Mitstreiter*innen das richtige Händchen für die Auswahl der besten Lagerfässer und die Optimierung ihrer Produktionsideen. Die Welt der Zukunft wird solche Unternehmer*innen brauchen. Und ich bin gespannt, ob sich die Experimentierfreude und der Enthusiasmus auszahlt, wenn dieser Scotch einmal das hat, was ein Scotch, den man als Single Malt genießen will, vielleicht doch noch etwas mehr braucht: ein paar weitere Jahre Reifezeit.